Die Geister geistern wieder....
...und Gruselgestalten machen sich in der Dämmerung auf den Weg, um uns Opfergaben abzuringen. Dazu bedienen sie sich nicht selten erpresserischen Methoden. "Süßes oder Saures!" wird uns entgegentönen, wenn wir es wagen nach Einbruch der Dämmerung die Wohnungstür zu öffnen.
Im vergangenen Jahr lernte ich an Halloween Frankensteins Monster kennen, so wie Captain Hook, das Gespenst von Canterville und Winnie das Hexchen, ein Kreissägen-Mörder stand vor meiner Tür und ein plumper, dicker, laufender Kürbis tapste hintendrein. Ich stehe also vor der Entscheidung, ob ich meine Bekanntschaft zu Gruselgestalten heute ausbauen möchte oder ob ich mich lieber tot stelle. Das Licht aus - und die Rollladen herunterlassen und so tun als wäre niemand nicht zu Hause
Solange die Gestalten der Finsternis mit einem Schokoriegel oder einer Minitüte Weingummi zu besänftigen sind, schockt mich so schnell nichts mehr, also werde ich, da ich auch neugierig bin, doch vorsichtig schauen, was in der Dämmerung beim Gruselfasching durch die Straßen schleicht.
Ich habe schon überlegt, ob ich die Schüssel mit dem Süßkram nicht das ganze Jahr über in Türnähe stehen haben sollte, um mich freizukaufen, falls mir mal wieder jemand ein Zeitungsabo, einen neuen Staubsauger, eine Versicherung oder einen größeren, abgeschnittenen Baumzweig (zwecks sommerlicher Straßendekoration) aufnötigen möchte. Möglicherweise funktioniert der Überraschungseffekt wie Magie.
Magisch sind auch ein paar Bräuche zu Halloween, so sagt man, dass der Apfel zu Halloween eine wichtige Rolle spielt. Schält ein Mädchen vor dem Spiegel einen Apfel, erscheint ihr das Bild ihres zukünftigen Ehemannes oder man sagt, wenn sie den Apfel in einer langen dünnen Spirale schält und diese über die linke Schulter hinter sich wirft und die Schale in Form eines Buchstabens liegen bleibt, so ist das der Anfangsbuchstabe ihres zukünftigen Lebenspartners. Soweit überliefert ist, gehen diese magischen Bräuche auf die Kelten zurück, die glaubten, dass zu Samhain Zukunftsvorhersagen möglich sind. Das, was heute kommerzielles Gruselhappening ist, hat nur wenig mit dem zu tun was Samhain einmal bedeutete. Nämlich das letzte der keltischen Jahreskreisfeste, der Beginn des Druidenjahres. Es wurde der Samen für den Hain gelegt der einmal ein Wald werden sollte. Der alte Sonnengott legt sich zum Sterben hin, geht über in die Anderswelt, das Totenreich, wo er nur ruht, um als Lichtkind wiedergeboren zu werden. Auch der Mond, besser die Mondin verschwindet für drei Tage um dann von neuem geboren zu werden. So manches Tor zur Anderswelt soll in dieser Nacht offen stehen und den Übergang in andere Reiche möglich machen. Samhain ist ein stilles, besinnliches Fest nicht umsonst fällt das christliche Allerheiligen in dieses Zeit. Die Kirche hat sich der alten Bräuche bedient und sie (weil sie nicht auszumerzen waren) integriert. Ausgerechnet in dieser stillen Zeit am lautesten zu sein widerspricht den urtümlichen Bräuchen, da man besonders leise war, um die Geister der Anderswelt nicht zu verschrecken, sondern Kontakte zu herzustellen und um die feinen Töne der Natur wahrzunehmen und zu deuten. Ein wenig Ruhe und Einkehr leben, sich mit Menschen umgeben die einem lieb sind und gemütlich bei flackerndem Kerzenschein zusammensitzen, dafür ist jetzt die richtige Zeit. Das Lärmen sollten wir für Karneval aufheben, um die bösen Geister des Winters zu vertreiben.