Dunkle Lebenslöcher
Das Leben plätschert so vor sich hin, du ahnst nichts Böses und plötzlich purzelst du so mir nichts dir nicht in ein Loch. Im Leben Geübte erschreckt das nicht sonderlich, denn sie wissen, dass sich von Zeit zu Zeit Löcher auftun, um uns zu verschlucken. Der Planet ist ein riesiger Schweizer Käse. Glücklicherweise hörte ich noch nie von jemandem, der am anderen Ende der Welt wieder heraus kam. In aller Regel spucken die Löcher uns (früher oder später) auch dort wieder aus, wo wir hinein fielen.
Wieder einmal bin ich in ein Loch hingetappt, in ein rabenschwarzes. Es scheint kein Käseloch zu sein, eher eines, das vom Kohleabbau herrührt. Ich weiß aber, es gibt immer Wege, die aus den Löchern heraus führen. Notfalls buddele ich mich unterirdisch voran. Das bietet mir die Chance möglicherweise im Tresorraum einer Bank heraus zu kommen oder ich finde eine Edelsteinhöhle, eine Silberader. Schließlich steckt in jedem Unglück ein Glück - sieht man ja auf den ersten Blick - wenn man genau hinschaut.
Es ist auch möglich aus dem Material, das man einerseits, sagen wir links vom Loch abbaut, andrerseits, also rechts, eine Treppe zu bauen. Sozusagen ein Siegertreppchen für Aufsteiger. Ist das Material zu widerborstig, unnachgiebig, hart - geht noch das Hochschwemmen. Das allerdings setzt voraus, dass man gewillt ist ein Meer an Tränen zu vergießen. Für mich die denkbar blödeste Lösung, hab ich doch das Seepferdchenmachen versäumt. Kein Mensch hat mir damals erklärt, dass man schwimmen können muss, wegen der vielen schwarzen Löcher im Leben, auf die man treffen könnte. Für kleine Löcher bietet sich das für mich grade noch an, große Löcher brauchen andere Methoden. Ich plädiere für den Treppenbau, das ist mühsam, aber Stück für Stück krabbelt es sich dem Licht entgegen. Eine dumme Eigenschaft ist, dass tiefe Löcher meist stockfinster sind, oft auch noch sumpfig, glitschig, eng oder moderig. Was den widerwärtigen Verdacht nahe legt, sie wollen uns unbedingt behalten. Ist doch klar, dass es so einem schwarzen Loch gelegentlich langweilig wird und es etwas Abwechslung braucht, dann schnappt es sich den Erstbesten, der im Lebenstran dahergelatscht kommt und erschreckt ihn.
Sitzt man erst drin, ist das wütende, zornige Stampfen mit den Füßen unbedingt zu vermeiden. Man stelle sich vor unter den Füßen befände sich ein Hohlraum. Der Boden könnte absacken, was die Lochtiefe dramatisch beeinflussen könnte. Das könnte bös ausgehen. Also, das oberste Gebot heißt: Ruhe bewahren.
Sollte überhaupt kein Fitzelchen Licht zu sehen sein, orientiert man sich an Rotz und Wasser. Dort wo es hintropft ist unten, also bitte in jedem Fall in die andere Richtung buddeln, ansonsten besteht die Gefahr oder auch der Ruhm am anderen Ende der Welt heraus zu kommen. Das könnte einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde geben. Wer kein Bedürfnis nach Ruhm hat, also lieber in die andere Richtung buddeln, das ist eine sichere Bank, auch wenn dort keine Goldbarren zu finden oder der Weltruhm zu erhaschen ist, Licht gibt es dort - irgendwo.
Noch bin ich mir nicht ganz sicher wie ich dieses derzeitige Loch in meiner Lebenslandkarte benenne. Ist es das "Die Welt ist schlecht - Loch" oder das "Ich werd nicht schlau - Loch" oder das "In Wahrheit bin ich ein Maulwurf - Loch". Egal, Loch ist Loch, ein Namensschild und eine Flagge kann es später noch bekommen. Was mich grade darauf bringt eine Erfindung zu machen. Statt Gipfelkreuze aufzustellen, setze ich Tiefpunktmarker. Ich lasse jedes Mal einfach einen Problemstein unten, das macht den Aufstieg leichter. Na, da hätte ich auch schon früher drauf kommen können...
Gut, dass ich mal drüber geschrieben habe...