Subtile Manipulation?
Nächsten Sommer im Juli werden es zehn Jahre, dass ich so gut wie täglich blogge. Eine sehr lange Zeit. Zeitweise hat dieser Blog mehr, dann wieder weniger Leser, an manchen Tagen (so wie jetzt kürzlich) gibt es bis zu 70 Besucher, an anderen Tagen keine fünfzehn. Kommentatoren haben sich rar gemacht, es waren einmal viel mehr; das ist schade, aber nicht zu ändern. Das aber ist völlig okay für mich. Ich schreibe in erster Linie nicht für andere sondern für mich. Wenn jemand Freude hat an dem was ich mache und mir ein feedback dazu gibt, macht mir das natürlich ebenfalls Freude. Wenn ich aber, so wie jetzt am Wochenende, auf einem großen Blog - mit enormer Besucherzahl - auf dem ich auch seit Jahren nur stille Leserin bin, verfolgen kann wie manipulativ Leser beeinflusst werden, dann stößt mich das einfach ab. Schon oft dachte ich, dass in einigen Blogs bewusst provoziert wird, um endlos sinnlose emotionale Diskussionen loszutreten, die dann auch noch ordentlich befeuert werden. Je mehr Kommentare, also je höher dadurch die Besucherzahl, desto höher die Blogbewertung, umso lukrativer auch die Werbeeinnahmen. Ich glaube, manche Blogleser wissen das nicht, dass oft mit taktischen Spielchen gearbeitet wird, denn scheinbar folgsam lässt sich das Leservolk auf sinnlose Provokationen ein und produziert Kommentar um Kommentar, rechtfertigt sich, stellt richtig, schwächt ab, diskutiert untereinander und hängt gegebenenfalls das Mäntelchen in den anderen Wind, wenn der Gegenwind mal arg zu stark wird.
Die Leser, die es durchschauen und kundtun, werden verbal in die Schranken gewiesen und es wird subtil damit gedroht, den Blog dann bald nicht mehr mit Inhalten zu füllen, wenn die Kommentare nicht passen. Nun was sagt mir das? Dass es für mich so aussieht, als würde nur der Selbstbeweihräucherung zu Liebe geschrieben, als müsse das lesende Volk dem Schreiberling zu Füßen liegen, dankbar seine Produktionen rühmen und ihn artig darum bitten, doch nur nicht aufzuhören das Volk mit seinen Ideen zu füttern; was es natürlich mit vielen Dankeskommentaren für die viele Mühe, die das Blogschreiben macht, auch prompt tut. Einserseits die von Zeit zu Zeit immer wieder provozierten Diskussionen und andrerseits dann das subtile "Benehmt-euch-wie-es-mir-gefällt-oder-ich-hör-auf-denn-sonst-macht-mir-das-mit- euch-keinen-Spaß".
Für mich bedeutet das Blogschreiben etwas ganz anderes. Es macht mir keine Mühe, es macht mir Freude. Würde es mir Mühe machen, ließe ich es. Punkt. In erster Linie ist es mir egal, ob die Leser oder Leserinnen gut finden was ich schreibe. Wenn es gut ankommt, ich anderen mit meinem Geschreibsel Freude bereiten kann, freut mich das wiederum. Wenn nicht, kann ich auch damit wunderbar leben. Es muss nicht jedem gefallen was hier zu lesen ist und es muss auch nicht jeder jeden Blogeintrag in Gänze verstehen. Manchmal ist etwas kryptisch, was dann bewusst auch so gestaltet wurde, vielleicht ist es ein ironisch augenzwinckernder Beitrag, der nur für Insider (mitlesende Freunde/Freundinnen oder für die Familie) entschlüsselbar ist. Blogschreiben ist individuell, vielseitig in Themen und Sparten, manchmal Tagebuch, freilaufende Gedanken. Menschen haben unterschiedliche Interessen, Meinungen, Ideale, Sichtweisen, manchmal überschneidet es sich, manchmal ist man auf einer Linie, manchmal kollidiert man mit seinen Inhalten. Ich würde aber auch täglich schreiben gäbe es keine Kommentarfunktion und gäbe es hier einmal einen Kommentar, der unter der Gürtellinie anzusiedeln wäre, würde er kommentarlos gelöscht, ohne großartige Diskussion. Ich mag Diskussionen, höre gern andere Blickwinkel, lerne gern etwas Neues, lass mich gern auf andere Sichtweisen ein, wenn stimmige Argumente vorhanden sind. Was ich nicht mag sind sinnlose Diskussionen, die sich im Kreis drehen und zu keinem Ergebnis führen (können), weil Teilnehmer andere Denkweisen gar nicht erst zulassen (können).
Würde ich aufhören wollen zu bloggen, brauchte ich dafür keinen Schuldigen, zu dem ich sagen könnte: "Du wertschätzt meine Arbeit nicht, also höre ich auf und schreibe eben nichts mehr". Das ist für mich so trotzig wie: Klaust du mir mein Förmchen, klau ich dir deins.
Sich schreibend auszudrücken, kreativ zu sein, verschiedene kreative Richtungen miteinander zu verbinden, der eigenen Schaffensfreude zu folgen ist mir Antrieb genug.
Erstaunlich ist für mich, wie leicht Menschen im Kleinen (und bei so etwas unwichtigem wie einem zur Unterhaltung dienenden Blog) zu manipulieren sind und wie durch geschicktes verbales Taktieren der Strom einer Masse zu lenken ist. So eine Masse muss nur einen bestimmten Punkt, eben eine kritische Masse erreichen, um alles rundherum mundtot zu machen, Kritiker zu vertreiben und andere Meinungen nicht gelten zu lassen, weil sie vielleicht nicht ins Konzept passen. Ich rede hier, um das ganz klar und deutlich zu machen nicht von rassistischen, diskriminierenden oder politisch angehauchten Kommentare, sondern nur von sachlich hervorgebrachten anderen Ansichten auf beispielsweise eine radikale Meinung. Wobei ich auch beobachtete, dass Sachlichkeit, die auf eine hohe Empfindlichkeit und niedrige Toleranz trifft, schon manchmal als beleidigend empfunden wird. Die Empfindlichkeiten werden größer, Ironie wird oft nicht mehr als solche verstanden, die Toleranz sinkt.
Mögen die Menschen, die meinen Blog besuchen, bei mir still lesen, sich zu Wort melden, kommen und gehen wie sie mögen, sporadisch oder regelmäßig, willkommen sind alle. Von ihrem Verhalten hängt aber mein tägliches Schreiben nicht ab.