Ur-Teile

Es ist schwer sich das Urteilen abzugewöhnen. Was immer geschah/geschieht, ich neigte/neige dazu zu sortieren und zu bewerten. Bewusst schreibe ich, ich tat es und ich tue es noch immer ab und zu, obwohl ich mich jetzt öfter bremsen kann, weil es mir in dem Moment, wo ich es mache, bewusst wird. Achtsamkeit in den Gedanken bringt Gelassenheit und Ruhe, wo früher Ängste, Sorgen oder Ärger war.
Ist etwas gut oder schlecht, Glück oder Unglück? Woher nehme ich das Recht, das einzusortieren? Alles was mir unrecht, ungerecht oder unfair erscheint, kann in der Lebensbilanz ein großes Glück sein. Ganz bewusst wurde es mir wieder vor einigen Tagen durch einen Kommentar.
Vor mehr als fünfzehn Jahren fällte ich eine Entscheidung, wie jede Entscheidung hatte diese Konsequenzen. Rein äußerlich betrachtet sagte jeder, dem ich die Geschichte mit ihren Details erzählte: "Welch ein Unglück, wie schrecklich." Es war immer das Erste was ich hörte. Doch niemand kann das Glück, welches für mich in dieser Entscheidung lag, weil die äußerlichen Konsequenzen der Entscheidung auch heute immer noch wirksam, und oft alles andere als glücklich, sind.
Wann immer ich urteile, melden sich UR-Teile von mir, die glauben, der Verstand könne alles erklären. Das kann er aber nicht. Er will es können und mit all seiner Geschwätzigkeit, seinen Argumenten schafft er es auch allzu oft die leise Stimme des Herzens zu übertönen und uns von Entscheidungen abzuhalten, die unbequem, aber gut für uns wären. Da sind immer all die logischen Argumente, ihr Wenn und Aber, ihr Für und Wider. Es lebt die Existenzangst, die Sorge um Verluste, um Mangel. Alles das wiegt dem Verstand, der Ratio, dem Ego viel, viel schwerer als Freiheit, Selbstbestimmung, mehr Zeit fürs Menschsein, mehr Zeit für das was uns gut tut. Das kräftezehrende Vorantreiben des Hamsterrades verspricht augenscheinlich Sicherheit. Es ist aber eine Sicherheit die schneller wegbrechen kann als wir glauben. Wenn das geschieht, wurde uns die Entscheidung, die wir viel früher zielgerichtet für uns selbst hätten treffen und lenken können, von außen abgenommen.
Uns geht die Intuition verloren, das Bauchgefühl, das Spüren, die Achtsamkeit auf den Augenblick zu lenken. Wir wissen immer nur was wir sehen, was es bewirkt, wozu es gut ist, was daraus entsteht liegt immer in der Zukunft, die sich erst offenbaren muss, damit wir sie sehen. Wann immer wir uns für und damit gleichzeitig gegen etwas entscheiden, es wird erst später enthüllt werden was es bewirkt. Wir werden immer erst in der Zukunft eine Ahnung von Glück oder Unglück bekommen.
Glück oder Unglück (buddhistische Weisheitsgeschichte) - es ist wie es ist und wir werden sehen ...