Es ist die Hölle los
In meinen Accounts ist die Hölle los, dutzende E-Mails flattern täglich rein, in denen ich aufgefordert werde der neuen Datenschutzerklärung zuzustimmen. Im Betreff immer solche Sätze wie: "Achtung, du wirst gelöscht!", "Letzte Chance, jetzt klicken und zustimmen!", "Neue DSGVO, wichtig...", "Wenn du weiter an unseren Infos interessiert bist, bitte klicken!", Wir wollen dich nicht verlieren, deshalb ...", "Du würdest usns fehlen, wenn du nicht klickst!"
Langsam nervt es. Ich klicke nur noch und zwar E-Mail löschen, ich habe aufgehört zu zählen, wer da alles was von mir will.
Ich habe in den vergangenen Tagen so viele Datenschutzerklärungen gelesen und ich frage mich, ob ich das je wieder tun werde. Es ist genauso wie mit den ellenlangen AGBs, die vermutlich auch niemand liest. In allen Datenschutzerklärungen steht nahezu das Gleiche, viele werden mit einem Generator erstellt, so dass ich mich frage: Wozu das alles?
Um unsere Daten vor Missbrauch zu schützen. Das ist sicher lobenswert, richtig und gut gemeint, aber ...
Wir sollten (und müssen es glaube ich auch) uns klar machen, dass es einen sicheren Schutz im Netz nicht gibt. Die technischen Möglichkeiten entwickeln sich exponentiell und wer Schindluder treiben will, wird immer ein Schlupfloch finden. Schau ich mir social Media Seiten wie Facebook und Instagram an, kann ich nur den Kopfschütteln, wie selbstverständlich dort Daten preisgegeben werden, die man seinen Nachbarn beim Kaffeeklatsch nicht erzählen würde.
Ich kenne einige Seiten, in denen viele Menschen Kommentare abgeben zu den unterschiedlichsten Fragen, die gestellt werden, wie: Wo kaufst du dies oder das? Was denkst du hier drüber? Welche Krankenkasse hast du? Hast du schon Probleme mit Versicherungen gehabt? Wer kocht bei euch zuhause? Welche Zeitschriften hast du abonniert? Wo machst du Urlaub? An anderer Stelle stand dann vielleicht schon mal, zu welcher Jahreszeit machst du am liebsten Urlaub? usw.
Wer sich hier die Mühe machen würde alle Kommentare eines bestimmten Nutzers zusammenzutragen, bekäme ein Profil von der Person, das so gut wie alles über sie aussagt. Und diese Daten werden freiwillig herausgegeben, ohne über Konsequenzen nachzudenken.
So ist es gut auf Datenschutz aufmerksam zu machen, aber es muss viel mehr aufgeklärt werden, was man selbst von sich preisgibt. Sind es Dinge die jeder wissen kann oder sind es sensible Daten, die zusammengenommen etwas verraten, was man vielleicht gar nicht so gern an die Öffentlichkeit bringen wollte?
In meinen Augen wurde bei der ganzen EU DSGVO auch vergessen eine Unterscheidung zu machen zwischen Millionen schweren Großunternehmen und den Kleinunternehmern, von denen auch viele am Existenzminimum herumkrebsen. Viele private Vereine gehen offline, aus Sorge vor Fehlern, die sie bei der Datenschutzerklärung machen könnten und die sich einen Anwalt für eine absolut rechtssichere Datenschutzerklärung nicht leisten können. Abmahnanwälte wittern ein tolles Geschäftsmodell und reiben sich die Hände. Wer nichts hat, von dem ist ohnehin nichts zu holen. Die Praxis wird es zeigen, was das Ganze bringt.
Meiner Überzeugung nach ist das nichts als ein unnötig aufgeblähter Papiertiger, der Panik verbreitet, Unsicherheiten schürt und vermutlich damit genau das Gegenteil von dem erreicht, was er erreichen will. Die Menschen sind genervt, machen ihr Häkchen im guten Glauben, doch nachvollziehen was im Hintergrund wirklich passiert, kann niemand. Selbst viele IT- und Medienanwälte lassen durchblicken, dass sie selbst kaum durchblicken.
Uns wird das selber Denken langsam abgewöhnt: "Mach ein Häkchen und du bist sicher", gaukelt man uns vor. Sicher ist nur eins, nichts ist sicher und zu 100% schon gleich gar nicht.
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