Elviras Weihnachtswunsch

Veröffentlicht auf von Szintilla

Elviras Weihnachtswunsch

Gelangweilt stand Elvira Elch ganz allein im Wald zwischen den hohen dunklen Tannen und knabberte etwas Baumrinde. "Ganz schön öde hier allein herumzustehen!", dachte sie so bei sich während sie die Umgebung einmal genauer betrachtete. Bäume, Bäume, Bäume und nichts als Bäume um sie herum.Das war ihr viel zu langweilig.Wenn sie bloß wüsste wohin sie gehen sollte. Liefe sie geradeaus käme sie an eine Lichtung, nach deren Überquerung sie wieder zwischen hohen dunklen Tannen stünde. Liefe sie nach links, käme sie nach wenigen hundert Metern an einen hohen Zaun, der das Weiterkommen verhinderte und liefe sie nach rechts so käme sie bald an den Fuß eines steilen Berges. Ein stückweit könnte sie ihn hinaufklettern, aber dann würde es zu schwierig und anstrengend. Das alles hatte sie schon ausgekundschaftet. Wohin sie sich auch wand, es versprach alles keine großartige Veränderung. Zurück konnte und wollte sie aber auch nicht, denn dann musste sie wieder am Jagdhaus vorbei und das erschien ihr auch nicht sehr sinnvoll zu sein. Möglicherweise hätte sie diesmal kein Glück und der Jäger würde sie entdecken, das wollte sie nicht riskieren. Sie konnte sich nicht so recht entscheiden. Zwei mögliche Wege hatte sie zur Auswahl, den schwierigen, steilen über den Berg und den über die Lichtung, beides nicht besonders verheißungsvoll. Bevor sie sich entschied, beschloss sie erst einmal ein wenig auszuruhen und in Ruhe darüber nachzudenken. Elvira suchte sich ein gemütliches Plätzchen unter einer schützenden Tanne und machte es sich auf dem herrlich weichen Moosbett bequem. Es dauert auch nicht lang bis ihre Augen schwer wurden und sie in einen tiefen Schlaf fiel. Und sie träumte:

Um sie herum war alles tief verschneit. Vorsichtig lief sie über eine weite, weiße Fläche. Kleine sanft rieselnde Schneekristalle funkelten wie winzige Diamanten im Mondlicht. Sie zog einen schweren Schlitten und ab und zu hörte sie hinter sich jemanden "Ho-Ho-Ho!" rufen. Immer wenn sie an einem der weit verstreut liegenden Blockhäusern vorbei kamen stoppten sie kurz, und der Weihnachtsmann brachte ein hübsch verpacktes Geschenk ins Haus und weiter ging die Schlittenfahrt. Elvira musste sich mächtig anstrengen, um durch den tiefen Schnee zu stapfen, aber an eine Pause war gar nicht zu denken, denn es waren noch viel bunte Päckchen zu verteilen. Die Päckchen auf dem Schlitten schienen gar nicht weniger zu werden. Je länger Elvira den Schlitten zog, desto schwerer erschien er ihr. Sie lief solange bis ihre Hufe ihr nicht mehr gehorchen wollten und sich einfach nicht mehr von der Stelle bewegten. Das bemerkte auch der Weihnachtsmann und er fragte: "Bist du müde Elvira? Sollen wir eine kurze Rast machen?" Dankbar nickte Elvira und der Weihnachtsmann stieg vom Schlitten und schirrte sie aus, damit sie sich etwas hinlegen konnte. Er selbst setze sich auf ein dickes Fell direkt neben sie."Es ist jedes Jahr das Gleiche," begann der Weihnachtsmann, "diese eine Nacht ist viel zu kurz. Wir sollten darüber nachdenken sie zu verlängern, aber bisher haben wir es ja immer geschafft rechtzeitig alle Pakete zu verteilen." Grübelnd verstummte er. Dann fragte er Elvira: "Was wäre denn dein größter Weihnachtswunsch?" Von dieser Frage überrumpelt dachte Elvira eine Weile nach, während sie den tanzenden Schneeflöckchen nachsah, die gleichmäßig vom Himmel fielen. An ihre schweren müden Hufe denkend, seufzte Elvira: "Ich möchte einmal so leichtfüßig sein wie eine Balletttänzerin, ein schickes Kleid tragen und so leicht schweben können wie diese Schneeflocken hier. So sanft und leicht durch die Luft schaukeln und auf die verschneite Erde hinunter sehen können! Das muss soo schön sein!" Sie seuftzte tief. "Das ist ein ungewöhnlicher, schwieriger, aber auch ein schöner Wunsch Elvira. Das Kleid ist kein Problem, in einem Päckchen hab ich ein hüsches Kleid, aber leider hast du keine Flügel und ich kann dir auch keine geben die dich tragen würden." Der Weihnachtsmann dachte eine Weile nach. Plötzlich sprang er auf, rieb sich freudig die Hände die in dicken, roten Fausthandschuhen steckten und rief: "Heureka, ich habs! Du sollst deinen Flug bekommen!" Er nestelte eine Weile an seiner großen roten Bommelmütze herum, die er sich vom Nikolaus geliehen hatte. Anschließend setzte er sie Elvira auf, befestigte sie an ihren Vorderhufen, schnippte einmal mit den Fingern und gab ihr folgende Anweisungen: "Also, pass auf, wenn du genug gerastet hast, dass deine Hufe dich wieder tragen, dann läufst du so schnell du kannst diesen Hügel dort vorn hinauf." Er deutet mit der Hand auf einen vor ihnen liegenden kleinen Hügel. "Wenn du oben ankommst machst du einen kleinen Hopser, so dass der Wind unter die Bommelmütze fassen kann und dann fliegst du einfach ein Stück!" Elvira hatte große Zweifel ob das funktionieren würde, aber schließlich sagte das der Weihnachtsmann. Mehr als in dem tiefen, dicken Schnee versinken konnte ihr kaum passieren. Einen Versuch war es allemal wert. Sie sah an sich herunter, und oh Wunder, sie trug ein wunderschönes Kleid. Das sah ein bisschen komisch aus, aber sie hatte es sich so gewünscht und manchmal haben auch Elche seltsame Wünsche. 

Elvira stand auf und begann zu laufen, schneller und schneller rannte sie den Hang hinauf. Während sie lief und der Weihnachtsmann ihr nachschaute murmelte er: "Flitze Mütze, segel sacht, durch die Lüfte in dieser Nacht!" Oben auf dem Hügel angekommen nahm Elvira ihren ganzen Mut zusammen und hüpfte so hoch in die Luft wie sie nur konnte. Tatsächlich verspürte sie einen Ruck und der Wind hob sie hoch und trug sie ein gutes Stück in den Himmel hinauf. Sanft begann sie langsam wieder auf die Erde hinunterzuschweben. Wie eine Schneeflocke segelte Elvira an der Bommelmütze vom Nikolaus den weißbedeckten Tannenspitzen entgegen. Sie konnte sich kaum satt sehen an dem wunderschönen Anblick der weiß verschneiten Landschaft. Von hier oben sah alles ganz anders aus. Selbst jetzt mitten in der Nacht war das Mondlicht hell genug um den Schnee glitzern zu lassen. "Danke, danke, danke, das ist ja soooo schön", rief Elvira voller Freude. Da berührte sie auch schon mit ihren nagelneuen Schuhen die ersten Tannenspitzen und landete kurz darauf plumps auf einer großen Lichtung. Ein paar Tannenzapfen prasselten ihr auf den Kopf, denn die Mütze hatte die Tanne gestreift.

Plopp – plopp – plopp fielen ihr die Zapfen auf den Kopf und Elvira schüttelte sich etwas: "Was machst du denn hier?", fragte ein kleines fast schwarzes Eichhörnchen mit dickem, buschigen Schwanz vom untersten Ast der Tanne, als es Elvira zur Bekräftigung seiner Frage noch einen Tannenzapfen auf den Kopf warf. Etwas benommen schaute Elvira noch oben. "Ich glaube ich bin eingeschlafen, ich hab so schön geträumt und du hast mich aufgeweckt mit deinem Tannenzapfenweitwurf, was soll das überhaupt?" "Der Morgen graut und der Jäger ist unterwegs, ich wollte dir sagen, das es besser wäre, wenn du tiefer in den Wald gehst, bevor er dich hier findet!" "Oh, das ist aber lieb von dir. Danke schön, dann werde ich mich wohl besser auf den Weg machen, obwohl ich gern noch ein wenig weitergeträumt hätte!" Elvira erhob sich und schaute noch einmal in die Runde, um sich zu entscheiden welche Richtung sie nun wohl einschlagen sollte. Zurück war ausgeschlossen, der Zaun auch nicht ratsam, der Berg immer noch sehr schwierig, also blieb nur geradeaus der Weg über die Lichtung in den nächsten Wald. Sie bedankte sich noch einmal bei dem netten Eichkätzchen und trabte los.

Und je weiter und länger sie lief, um so kälter wurde es. Plötzlich fielen sanfte Schneeflocken vom Himmel und sie hörte ein leises Klingeln und ein tiefes "Ho-Ho-Ho", als der Weihnachtsmann auch schon hinter einem Baum hervorkam und sagte: "Oh Elvira, ist das gut das ich dich hier treffe, du kommst mir gerade recht. Mein Rentier ist zu müde geworden und muss sich eine Weile ausruhen. Ich brauche dringend jemand der stark genug ist, um meinen Schlitten zu ziehen. Würdest du mir helfen?" Elvira schmunzelte ein wenig, dachte an ihren Traum und freute sich auf die Fahrt mit dem Schlitten. Gern ließ sie sich vom Weihnachtsmann vor den Schlitten spannen, denn vielleicht hätte sie beim Weihnachtsmann für ihre Hilfe einen Wunsch frei...

So lief sie glücklich und zufrieden ihrer Zukunft entgegen, voller Hoffnung, einmal wie ein Schneeflöckchen zu schweben.



 

Veröffentlicht in Wortwolken, fairy tale

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