Buchliebhaber
Heute ist Tag der Buchliebhaber und ich darf mich bedenkenlos in diese Menschengruppe einreihen. Vor langer, langer Zeit, das ist bestimmt mehr als zehn Jahre her, habe ich alle meine Bücher gezählt. Damals hätte ich schon eine kleine Bibliothek bestücken können und weniger geworden sind sie seit dieser Zeit nicht. Von Büchern trenne ich mich nicht, denn ich habe festgestellt, dass ich, egal in welches Buch, immer wieder einmal hinschaue, darin herumblättere, wahllos Stellen lese.
Bücher sind für mich nicht nur entspannende Unterhaltung, Eintauchen in fremde Welten, sie sind auch Arbeitsmaterial und Sammlerbeute. An die aus Frühkinderzeit stammenden mahnenden Worte der Mutter an ihr Kind: "Narrenhände beschmieren Tisch und Wände" und "Man macht keine Eselsohren in Bücher" habe ich mich, sehr zu ihrem Leidwesen, nie gehalten. Die Zeit der Schulbücher, die an die nachfolgenden Klassen weitergegeben wurden, ging glücklicherweise an mir vorbei. Schon meine teilweise noch vorhandenen Schulbücher, sind stellenweise einzigartig geprägt. Meine Bücher (und das gilt fast für alle Bücher, egal, ob Roman, Kochbuch oder Fachbuch) weisen oft individuelle Markierungen auf. Ich sage fast, weil es Bildbände gibt oder wunderschön und einzigartige gestaltete Bücher, bei denen es eine natürliche Hemmschwelle gibt, sie unverändert zu belassen. Dazu gehören beispielsweise "Die Regenbogenkobolde" von Ul de Rico (hier als youtube Video) oder Die Lichtwelten von Hans Werner Sahm u.ä.
Aber es gibt Bücher, die auf dem Schmutztitel von mir angelegte Inhaltsverzeichnisse mit Schlagworten haben, teils besitzen sie neongrell markierte Stellen, Bleistift unterstrichene Textpassagen, Randbemerkungen und dicke Frage- oder Ausrufezeichen. Bücher aus der "Vormarkerzeit" haben eben auch Eselsohren. Weitergeben, verkaufen oder dem Trödler überlassen, könnte ich sie deshalb schon nicht. Von vielen Büchern schrieb ich erste und letzte Sätze heraus, notierte mir (in meinen Augen) genial gelungene Textstellen, sammle beeindruckende Metaphern und liebe es mir von Zeit zu Zeit anzusehen, was ich irgendwann einmal für markierenswert hielt, um mich zu wundern, dass es mir heute oft banal erscheint. Das auf diese Weise Betrachten der eigenen Persönlichkeitsentwicklung, kann zuweilen unglaublich spannend und erheiternd sein, besonders wenn es sich bei den Büchern um sogenannte Lebensratgeber handelt.
Aus diesem Grund besitze ich auch keinen E-Reader und lese keine E-Books. Das haptische Gefühl des Blättern, die olfaktorische Wahrnehmung (z.B. Druckfrische, feuchter Keller, Zigarettenrauch), das plötzliche Heraussegeln eines längst vergessenen Notizblattes oder eines vergessenen Einkaufszettels oder einer gepressten Blüte, gehört für mich zu einem Buch dazu. Es weckt Erinnerungen, erzeugt Gefühle, die über das Lesen der Worte hinaus gehen. Ich muss ein Werk für mich individuell "erfahren, nutzen und erleben" können.
Schon vor Monaten heruntergeladenen E-Books schlummern immer noch ungelesen auf meiner Festplatte und vermutlich werden sie das auch bis zum Sanktnimmerleinstag tun, es sei denn sie dürfen fühlbar werden, denn gelesen habe ich wirklich nur die E-Books, aus denen ich "Handbücher" machte, die die ich ausdruckte, heftete und denen ich mittels Stift und Marker meinen Stempel aufdrucken konnte.
Bei der Gelegenheit fällt mir ein, dass es auch einmal wieder an der Zeit wäre, alle diese in den Regalen stehenden Schätzchen abzustauben, eine Arbeit, die bei einem E-Reader entfällt, trotzdem kommt mir so ein Ding (jedenfalls noch - ich will nicht nie sagen) nicht ins Haus.