Beschäftigungstherapie

Veröffentlicht auf von Szintilla

Ich kann mir vorstellen, so manche Zeit sinnvoller zu verbingen, als mit dem Lesen und Löschen von ungewollten E-Mails und SMSen. Mal ganz abgesehen von den Spammails, die immer wieder durch den Spamfilter rutschen, gibt es auch noch Mitteilungen, die ich nicht brauche. Beispielsweise kam vor wenigen Wochen eine E-Mail eines Versandhändlers, der sich dafür entschuldigte, die von mir bestellte Ware nicht fristgerecht liefern zu können. Soweit wunderbar. Bestellt war eine, als Weihnachtsgeschenk vorgesehene Ware, für die, kurz nach der Bestellung, per E-Mail mitgeteilt würde, sie wäre, wegen der hohen Nachfrage, erst Mitte Januar lieferbar. Zwei Tage nach dieser E-Mail traf die bestellte Ware bei mir ein. Alles war gut, die Freude groß. Doch nun kam Mitte Januar eine E-Mail des Versandhändlers, leider könne er den Liefertermin nicht einhalten, voraussichtlicher Liefertermin wäre der 10.Dezember 2015. Und genau an diesem Tag hatte ich die Ware auch erhalten. Mir wird also mitgeteilt, dass ich in der Vergangenheit eine Ware erhalten werde.

Hat da jemand Zeitreisen möglich gemacht?

Muss ich noch mal zurück, um eine Ware im Empfang zu nehmen, die bereits in Gebrauch ist? Was, wenn ich nicht zurück kann, niemanden mit einer Zeitmaschine finde?

Verändere ich die Gegenwart?

Es ist doch paradox, sich für einen zugesagten und auch eingehaltenen Termin zu entschuldigen. Auch wenn fast alles automatisiert ist, jemand musste diese E-Mail veranlassen, das Datum eingeben und sie auf den Weg bringen, ich "musste" sie lesen. Nun ich hätte es auch lassen könne, aber es hätte ja nur auch etwas wichtiges sein können, ein Rückruf wegen eines technischen Defekts oder ähnliches.

Diese für mich so sinnlose Kommunikation bindet Zeit, die ich besser verbringen könnte. Auch auf Händlerseite bindet sie Zeit, wie Personal, denn es ist ja vermutlich nicht nur diese eine Mail, die an mich so verschickt wurde und wird.

Seit Tagen nun bekomme ich SMSen eines Telefonanbieters, der mir, wegen einer in den nächsten Tagen geplanten Umstellung, zeitnah mitteilt, was er grade tut. Das liest sich dann sinngemäß ungefähr so ...

"Wir freuen uns, dass Sie sich für unser Produkt ...",

"In Kürze werden wir ... auf den Weg bringen ...",

"Ihr Produkt wird zeitnah bei Ihnen eintreffen."

"Wir haben Ihr Paket zum Versand vorbereitet ...",

"Der Techniker wird sich bei Ihnen melden."

"Ihr Paket wurde verladen."

"Wir haben Ihr Paket versandt."

"Ihr Paket wird in Kürze bei ihnen eintreffen ...",

"Wir haben das Paket an Sie ausgeliefert!"

"Wir hoffen, Sie haben viel Freude mit dem Produkt."

Ja, wow! Ich habe das Paket selbst entgegen genommen. Wunderbar, dass man mir das mitteilt, von allein hätte ich das nicht gemerkt und ob ich an dem 5m Kabel Freude haben werde, nun ja, ich werde es abwarten. Sollte die Umstellung problemlos verlaufen, dann werde ich mich freuen, wenn nicht, kann ich mich dran aufhängen, lang genug ist es ja.. Hoffentlich auch stabil genug. ;-)

Und jedesmal bei einer SMS, greife ich zum Handy und schaue, was wer dort von mir will.

90% dieser Kommunikation ist unnötig und einfach nur lästig. Wenn ich etwas bestelle, weiß ich, dass es in der Regel eine Lieferzeit gibt, die auch bei den meisten Bestellungen angegeben wird. Es reicht mir eine Mitteillung, falls diese Lieferzeit nicht eingehalten werden kann, mit der Angabe eines neuen Termins oder der Information einer Unausführbarkeit des Auftrags. Alles darüber hinaus, muss ich nicht haben, nicht wissen. Weder muss ich wissen wo sich das Paket zu welcher Minute seiner Reise aufhält, welchen Prozesspunkt es grade erreicht, welche Temperatur im Lagerraum herrscht, wann der Transporter mit welchem Treibstoff betankt wird, wo er steht und welche Farbe die Socken des Paketboten haben werden. Möglicherweise ist das alles von Wichtigkeit, wenn es teure Rechtsstreitigkeiten bei sensiblen Produkten gibt, dann allerdings wäre so etwas - bei unserer Dokumentationswut - sicher auch im Nachhinein zu ermitteln.

Ich brauche diese Prozessablaufinformationen jedenfalls nicht und bin zunehmend genervt, was mich dazu veranlasst, das Handy immer häufiger gar nicht erst einzuschalten. Blöderweise gibt es aber auch Mitteilungen, E-Mails und SMS über die ich mich freue, auf die ich warte, die wichtig für mich sind, so dass ein völliger Boykott (noch) nicht in Frage kommt. Aber ganz ausschließen, dass ich mich irgendwann aus dieser technischen Informationsflut völlig auskopple werde ich nicht.

Ich erinnere mich gut an Zeiten ohne Handy und ich bekam auch damals alle Informationen, die ich brauchte. Sie brauchten vielleicht länger, aber ich hatte auch Zeit mich auf gewisse Dinge einzustellen, einfach etwas geduldig abzuwarten. Das Gefühl allem hinterher zu jagen, ständig gehetzt zu werden, etwas zu verpassen oder nicht mittzubekommen gab es damals nicht oder nur äußerst selten.

Ist nun unsere neue Technikbesssenheit ein Segen oder ein Fluch?

Ich glaube es ist beides, denn ein gemäßigtes Mittelding wird es nicht geben können.

 

 

 

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Veröffentlicht in Aufreger

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Q
Fast denke ich, das ist auch so eine Art "Spazierhof", den du hier schilderst. Da läuft so vieles im Kreis, planlos und ohne erkennbaren Sinn! :-)<br /> <br /> Dir dennoch einen schönen Tag! Hier scheint die Sonne.<br /> <br /> Lieben Gruss,<br /> Brigitte
Antworten
S
Mit der Informationsflut, werden sie sicher irgendeinen Sinn verfolgen.<br /> Erschließen will er sich mir allerdings nicht.<br /> <br /> Liebe Grüße, <br /> Szintilla