Bärenlohn für Eigennutz
Bärenlohn für Eigennutz
oder Wie der Bär das Wesen der Zwerge erkannte und ihnen dankte
Es lebte einmal vor langer Zeit eine kleine Zwergenfamilie glücklich und zufrieden, am Fuße eines Kristallberges im Wunderwald. Eines Tages erschien in ihrem Wald ein verletzter Bär. Die kleinen, winzigen Zwerge hatte große Angst vor dem riesigen Bären, aber bald spürten sie, dass er viel zu schwach war, um ihnen etwas zu Leide zu tun. Zaghaft trauten sie sich näher an ihn heran. Bald standen sie um ihn herum und fragten wie sie ihm helfen könnten. Der Bär brummte und grummelte, denn er war ein wenig wütend auf sich selbst, dass er so hilflos war. Ein Jäger hatte in ernsthaft verletzt. Bei jeder Bewegung schmerzte seine große Wunde, die nicht so recht verheilen wollte. „Ich bin zu schwach zum Jagen“, brummte der Bär „wenn ich nicht bald etwas esse, dann verhungere ich.“ Die Zwerge berieten sich kurz und versprachen dem Bären Futter zu bringen. Ein paar der kleinen Zwerge angelten und brachten dem Bären Fische, andere sammelten Beeren und Früchte und wieder andere gingen auf die Jagd, um Hasen, Wiesel und andere kleine Tiere zu erlegen. Aber der Bär war sehr groß und sehr hungrig und die Zwerge so klein. Bald waren sie mit nichts anderem mehr beschäftigt als für den Bären Futter zu jagen und zu sammeln.
Seit ewigen Zeiten waren die Zwerge die Hüter des Zauber-Nuss-Strauches, an dem alle zehn Jahre goldenen Erdnüsse wuchsen. Die Zauberkraft der Erdnüsse war so stark, dass sie jedem Kranken, der auch nur eine davon aß, sofort wieder Kraft und Gesundheit verliehen. So eine goldene Erdnuss wollten sie aber nicht an den Bären verschwenden, denn einerseits ängstigte sie seine Kraft und Größe, wenn er schnell wieder zu Kräften käme, vielleicht würde er sie dann fressen, andererseits waren sie auch geizig und fürchteten bis zur nächsten Ernte nicht genügend goldene Erdnüsse für sich selbst zu besitzen.
Es dauerte nicht lang, da wurden sie müde den Bären zu versorgen. Die Wunde des Bären wollte und wollte nicht richtig heilen und der Bär war immer noch zu schwach für die Jagd. Immer mehr Zwerge weigerten sich dem Bären zu helfen. „Warum musste er denn ausgerechnet zu uns kommen?“, fragten sie und sie klagten: „Ach, hätten wir ihn doch nur nicht gefunden!“ Am Abend eines langen arbeitsreichen Tages versammelten sie sich am Fuße des Kristallberges und hielten Rat. Die Mehrheit der Zwerge wollte den Bären seinem Schicksal überlassen und so wurde der Anführer damit beauftragt dem Bären die Nachricht zu überbringen; er sollte sich weitertrollen bis er jemand anderen fand der ihm half. Als der Bär das hörte erfasste ihn Zorn. Er richtete sich auf und brüllte ohrenbetäubend laut in den Wald hinein. Während er brüllte verwandelte er sich in den magischen Zauberer, den Herrscher des Wunderwaldes. Die Zwerge hatten schon viel von ihm gehört, aber noch nie hatte ihn ein Zwerg gesehen. „So stimmt es doch was ich über euch hörte!“, rief der Zauberer. „Ihr seid ängstlich, kleinmütig und eigennützig. Eine einzige Goldnuss hätte euch die wochenlange Mühe erspart, den Bären zu versorgen. Als Dank und Ausgleich für eure Mühe will ich euch für immer mit den Nüssen verbinden, von denen ihr euch nicht trennen könnt. Von nun an sollte ihr euch von der Arbeit ausruhen und so lange in den Nüssen schlafen bis ihr Gelegenheit findet jemandem mit der Zauberkraft der Nüsse zu helfen. Habt ihr das getan, dann endet auch mein Fluch. Damit ihr Gelegenheiten finden könnt eure Goldnüsse an Bedürftige zu verschenken, dürft ihr alle zehn Jahre die Nüsse für die Zeitspanne eines vollen Mondes verlassen.“ Kaum hatte der Zauberer den Fluch ausgesprochen, verschwanden alle Zwerge der Familie in die Goldnüsse und bis heute haben sie sich nicht von ihren Goldnüssen trennen können. Solange man ihr schlafendes Abbild in den Erdnüssen sehen kann wirkt der Fluch des Bärenzauberers.
© Szintilla 2010