Übergiffigkeiten

Veröffentlicht auf von Szintilla

Archivbild Holzreste

Archivbild Holzreste

Manchmal hacke ich innerlich Holz, um mich wieder zu erden, denn gelegentlich bringen mich gut gemeinte Übergriffigkeiten auf die Palme. Es gibt Menschen, die schießen mit ihrem Helfersyndrom über das Ziel hinaus.

Seit dem Herbst sammle ich Äste und Zweige einer bestimmten Dicke und Biegsamkeit, um sie für ein kreatives Projekt im Garten zu verwenden und dann ziehe ich eines morgens die Rollläden auf und futsch ist mein kleiner sorgfältig angesammelter Reisighaufen. Fein säuberlich jedes Ästchen aufgesammelt und weggezaubert.

Später am Tag gab es die Aufklärung eines hilfreichen Nachbarn: "In der Biotonne war noch Platz und ich dachte, ich räume das schnell mit rein, dann ist es weg."

JA, jetzt ist das Reisighäufchen weg, aber damit nicht genug. Ich erklärte sehr beherrscht und äußerlich ruhig, wozu die Äste dienen sollten und das ich darum bitte solche Übergriffigkeiten zu unterlassen. Am nächsten Morgen wieder die Rollläden hoch und der Reisighaufen ist wieder da. Nur sind es diesmal Äste von Dicke und Stärke, die dem Zweck, zu dem sie dienen sollten, in keiner Weise entsprechen.

Jetzt darf ich mir überlegen, wie ich die Äste entsorge oder was ich damit anfange. Vielleicht wird mein nächstes Projekt nun ein Scheiterhaufen, auf (in) dem ich meine leicht hochkochende Wut verbrennen kann. Allerdings wird sie, bis ich den Reisighaufen aufgeschichtet habe, längst verraucht sein, denn ich weiß, eigentlich waren beide Aktionen gut gemeint, nur finde ich, dass sie übergriffig waren.

Die nächste Überlegung, die sich für mich daran anschließt:

Was hat diese Wut mit mir zu tun? Warum machte mir diese Aktion so viel aus? Warum macht sie etwas mit mir? Warum bringt mich diese Übergriffigkeit so auf die Palme, obwohl ich weiß es geschah nicht in böser Absicht?

Es machte etwas mit meiner Selbstbestimmung. Es beschnitt meine Freiheit selbst über etwas zu entscheiden (selbst wenn es um so etwas Belangloses wie ein paar Äste geht) und darauf reagiere ich absolut allergisch. Es gilt für mich immer noch etwas zu lernen in Sachen Akzeptanz und Annahme von Unabänderlichem. Es ist noch ein langes Stück des Weges bis zur absolut gelassenen Gleichmut. Es hat mir aber auch gezeigt, dass der Weg von der Palmkrone nach unten deutlich schneller gelingt als noch vor Jahren. Also doch schon was gelernt.

Veröffentlicht in mitt-ich

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M
Hab ähnliches auch erleben müssen. Überaus erbaulich ist dann immer - nachdem sie zur Rede gestellt wurden - die rechtschaffen-verwunderte Entgegnung: 'Na, ich dachte....' .....'du dachtest also, aha', denk ich mir dann und: 'wer eigentlich hat dich zum Denken aufgefordert?'<br /> Und ob das jedes Mal durchweg gut gemeint war, da bin ich mir auch nicht so sicher. War bestimmt oft auch ein bisschen Erziehungsmaßnahme anbei. ("Na ja, bin großzügig und räum für Dich - diesmal - den Abfall weg...eh er nachher noch liegenbleibt").<br /> Ich bewundere, wie Du da noch so beherrscht und moderat reagiert hattest. Und letztlich die Wut inwendig verbrannt und der ganzen Angelegenheit noch positives abgewinnen konntest. Das nennt man wohl menschliche Größe. Will ich auch haben!! Neidisch guck.<br /> <br /> Gruß: Micha<br /> PS: Liebe Grüße von meiner Mutter übrigens. Hab ihr den Artikel gezeigt und sie meinte, das hätte sie sein können. (also die geschädigte Partei (Szintilla)).
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S
Es mag schon sein, dass versteckt ein erzieherisches Momentum hinter der gutgemeinten Hilfe stand/steht, wobei das immer an mir abprallt. Ich bin erziehungsresistent. :-)<br /> <br /> Meine Reaktion hat (glaube ich) nichts mit Größe zu tun, sondern einfach mit der Tatsache, dass ich jede Minute die ich mit Ärger jedweder Art verbringe, ich 60 Sekunden Zufriedenheit versäume. Ich halte es mit der Weisheit der Buddhisten, die da lautet: Wenn du ein Problem hast, überlege dir ob du es lösen kannst. Kannst du es, dann tu es und dein Problem ist verschwunden. Kannst du es nicht, gibt es keine Lösung, dann vergiss es, auch dann hast du kein Problem mehr. <br /> Ich konnte weder den Reisighaufen wieder beschaffen, noch kann ich den hilfreichen Helfer ändern. Wo also ist das Problem? In solchen Fällen gilt für mich: Es ist wie es ist. Punkt. :-)<br /> <br /> Ich schick dir mal ein Kilo Gelassenheit. :-)<br /> <br /> Lieben Gruß an dich und an deine Mutter, solche Erfahrungen (wie ich sie hier beschrieb) machen sicher viele.<br /> <br /> Szintilla
Q
Manchmal prallen Verständnisse aufeinander. Dieses "Gut gemeint" ist wirklich ärgerlich. <br /> Ach, die Welt ist nicht vollkommen. :-)<br /> Dir trotzdem einen netten Tag!<br /> Lieben Gruss,<br /> Brigitte
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S
Stimmt, Verständnisse prallen schon einmal aufeinander, besonders wenn einer leicht verwilderte Naturgärten liebt und der andere gepflegte Parkanlagen. *bg*<br /> Ich erkläre mein Gartenprojekt für "Schnee von gestern" und freu mich an der gewonnenen Zeit, die ich nur anders füllen darf. Alles eine Frage des Blickwinkels. :-)<br /> <br /> Danke und lieben Gruß zu dir, <br /> Szintilla